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WAS IST ZU TUN, WENN ICH IN ITALIEN MIT EINEM DEUTSCHEN AUTOKENNZEICHEN FAHRE, DORT EIN BUßGELD AUFERLEGT BEKOMME UND ICH ES NICHT BEZAHLE?

 

Jahrelang konnte ein Deutscher mit deutschem Autokennzeichen, so wie jeder andere Ausländer mit ausländischem Autokennzeichen auch, der in Italien ein Bußgeld bekommen hat, die Sanktion einfach und ohne rechtliche Folgen ignorieren! Diese Praxis hatte allerdings negative Auswirkungen auf die Straßenverkehrssicherheit. Die Rechtslage hat sich nun verändert und das Ignorieren eines Bußgeldbescheides kann negative Folgen, insbesondere in finanzieller Hinsicht, mit sich bringen. Das italienische Rechtssystem ist kompliziert und es wird geraten, sich immer und vor allem umgehend Rechtsrat einzuholen. Hier kann daher nur ein grober Überblick verschafft werden.

Man muss wie folgt unterscheiden:

  1. Wird mit einem im Ausland zugelassenen oder mit einem ein EE-Kennzeichen führenden Fahrzeug ein Verkehrsverstoß begangen, der laut der italienischen Straßenverkehrsordnung mit einer verwaltungsrechtlichen Geldbuße geahndet wird, so hat der Übertreter, wenn er bereit ist, das Bußgeld zu zahlen, das Recht, bei Zahlung innerhalb von 5 Tagen den gesetzlich für diese Übertretung vorgesehenen Mindestbetrag um 30 % zu reduzieren. Die Zahlung erfolgt bei der zuständigen Behörde, welche dem Betroffenen eine Quittung ausstellt.

  2. Macht der Übertreter aus irgendeinem Grund keinen Gebrauch von diesem Recht, so muss er beim feststellenden Amtsträger eine Kaution in Höhe der Hälfte der für diese Übertretung vorgesehenen Höchststrafe hinterlegen. Die Zahlung der Kaution ist im Vorhaltungsprotokoll festzuhalten. Wird die Kaution nicht geleistet, so wird das Fahrzeug bis zur Erfüllung der genannten Pflicht, höchstens aber für 60 Tage, verwaltungsbehördlich auf Kosten des Übertreters in Verwahrung genommen.

  3. Kann ein Verstoß nicht sofort vorgehalten werden, so muss laut Artikel 201 der italienischen Straßenverkehrsordnung der Bußgeldbescheid innerhalb von 360 Tagen ab der Feststellung des Gesetzesverstoßes dem Übertreter, gegebenenfalls im Ausland, förmlich zugestellt werden.

Die Zustellung im Ausland war sehr schwierig, oft unmöglich und sehr teuer. Nämliches gilt für die Beitreibung des Bußgeldes. Aus diesem Grund sieht Artikel 132 der italienischen Straßenverkehrsordnung vor, dass ein Pkw mit ausländischem Kennzeichen in Italien nur ein Jahr lang zirkulieren darf und spätestens nach einem Jahr in Italien zugelassen und mit einem italienischen Kennzeichen ausgestatten sein muss.

Um diesem Problem einen Riegel vorzuschieben, hat die EU „zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Austausches von Informationen über die Straßenverkehrssicherheit“ der Richtlinie N. 82/2011 zugestimmt. Diese Richtlinie ist seit kurzem in Italien durch die Gesetzesvorordnung n.37 vom 04. März 2014 umgesetzt. Ob diese rechtlichen Bestand haben wird, wird derzeit überprüft.

Diese neuen Vorschriften finden nur für folgende Verkehrsdelikte Anwendung: Geschwindigkeitsübertretung, Nichtanlegen des Sicherheitsgurts, Überfahren eines roten Lichtzeichens, Trunkenheit im Straßenverkehr, Fahren unter Drogeneinfluss, Nichttragen eines Schutzhelms bei Motorradfahrern, unbefugte Benutzung eines Fahrstreifens, rechtswidrige Benutzung eines Mobiltelefons oder anderer Kommunikationsgeräte beim Fahren.

Für die Ermittlungen im Falle eines dieser Verkehrsdelikte werden auf innereuropäischer Ebene über das amtliche Kennzeichen mittels elektronischer Datenübertragung die Fahrzeugdaten und die seines Halters zwischen den Behörden ausgetauscht, so dass die Straßenpolizei das Verfahren gegen den Fahrzeughalter bzw. gegen eine anderweitig als Übertreter identifizierte Person einleiten kann.

Das Verfahren beginnt mit einem Informationsschreiben an den Übertreter in der, dem amtlichen ausländischen Kennzeichen entsprechenden Sprache, das diesem im Ausland zugestellt wird und in welchem der Tatvorwurf und die rechtlichen Folgen dargestellt sind. In der Folge erhält er sodann ebenfalls mittels Auslandszustellung den entsprechenden Bußgeldbescheid.

Am 24.Februar 2005 hatte der europäische Rat die gegenseitige Anerkennung von Geldstrafen von über 70 €, darunter auch jene Geldbußen nach der Straßenverkehrsordnung, beschlossen. Dieser Beschluss wurde in Deutschland 2012 mit dem „Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG)“ umgesetzt. In Italien hingegen wurde dieser Beschluss noch nicht umgesetzt, derzeit gibt es nur Gesetzesvorlagen. Diese können aber auch rückwirkend erlassen werden, so dass Bußgeldbescheide innerhalb der 5jährigen Verfolgungsverjährungsfrist dann immer noch im europäischen Ausland rechtswirksam vollstreckt werden können.

Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vollstreckung italienischer Bußgeldbescheide zwar kompliziert und das Verfahren noch nicht ausgereift ist, es aber in Zukunft immer schwieriger sein wird, sich als Ausländer der Pflicht, ein italienisches Bußgeld zu bezahlen, erfolgreich zu entziehen. Die Europäische Gemeinschaft arbeitet daran, die entsprechenden rechtlichen Möglichkeiten zu perfektionieren, damit sie in den einzelnen Ländern auch rechtswirksam umgesetzt werden können. Jedenfalls läuft jeder „Nichtzahler“ die Gefahr, beim nächsten Italienbesuch vor Ort zur Kasse gebeten zu werden und dies dann in erheblich größerem Umfang als im ursprünglichen Bußgeldbescheid vorgesehen.